Demobericht „außen hui, innen pfui“

Mit ca. 100 Teilnehmern haben wir uns auf der Kaiserstr. Ecke Moselstr. versammelt, um gegen die Terrorgesetzgebung und die Vorratsdatenspeicherungspläne der Innenministerkonferenz zu demonstrieren. Kurzfristig entschieden wir uns gegen den Start auf dem Bahnhofsvorplatz, weil wir dort unseren Lautiwagen nicht hätten aufstellen können. Gemeinsam mit der Polizei wurde die Absprache getroffen am Kaisersack zu beginnen, dies wurde uns allerdings 2 Stunden vor Demobeginn wieder verwehrt, denn dort findet jeden Dienstag ein Markt statt, sodass wir 50 Meter weiter zur Ecke Moselstr, gezogen sind. Schon seltsam, dass die Frankfurter Polizei die Markttermine nicht kennt ;).

Dass nicht so viele Menschen gekommen sind, wie wir uns erhofft haben, tat der Stimmung der Anwesenden keinerlei Abbruch. Es war Partystimmung und die Kamerateams interviewten fleißig die teilnehmenden Demonstranten. Um ca. 18:20 Uhr eröffneten wir die Demo mit einer kurzen Einführungsrede von mir, in der ich das Motto der Demonstration erklärte:

„Deutschland beklagt mangelnde Demokratie und Menschenrechte im Ausland, beschwert sich über Zensur und mangelnde Pressefreiheit in China oder dem Iran und ist dreist genug, im eigenen Land eine verdachtslose Protokollierung aller Kommunikationsinformationen sämtlicher Personen im Lande durchzuführen. Es hat die Terrordatei eingeführt, die jenseits des Grundgesetzes agiert. In der Daten von einer unbekannten Zahl „Terrorverdächtiger“ (2008 waren es 13000 Personen!) aus polizeilichen und geheimdienstlichen Ermittlungen zusammengeführt werden.“

Nach der Auftaktkundgebung sind wir zum Goetheplatz gegangen/getanzt. Das Polizeiaufgebot war groß genug, dass 3 Polizisten jeden von uns dort hätte hin tragen können. Die Angst der Innenminister ist sehr – SEHR – groß. Insbesondere vor unserem bedrohlichen Haufen inkl. Kampfhund,*herrlich*. Netter Nebeneffekt unserer Demoroute: die Hochstr. war gesperrt, ein Brautpaar tanzte auf der Straße und winkte uns zu, die Polizei hat dem Brautpaar alles Gute gewünscht, auch von der Demo.

Auf dem Goetheplatz haben Jan Leutert und Emanuel Schach Reden gehalten. Der Rechtsanwalt Emanuel Schach, der unter anderem die Piratenpartei im Servergate-Fall vertritt, sprach zu den Erkenntnissen aus der Vorratsdatenspeicherung, als sie noch durchgeführt wurde:

„Tatsächlich ausgewertet hat diese Statistik Anfang des Jahres der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und dabei die Jahre 2007, also bevor und 2009, also während die Vorratsdatenspeicherung in Kraft war. Das Ergebnis: Mit Vorratsdatenspeicherung gab es signifikant mehr, vor allem mehr schwere und Internetkriminalität als vor deren Einführung. Nun könnte man sagen: Angesichts solch steigender Kriminalitätszahlen sei die Notwendigkeit der Speicherung ja offenkundig. Könnte man. Wäre im gleichen Zeitraum die Aufklärungsquote nicht deutlich stärker gesunken“.

Dieser „rechtsfreie Raum“ bekommt auch sein Fett weg, Schach weiter:

„Immer wieder ist dabei die Rede von rechtsfreien Räumen, die all diese Maßnahmen erforderlich machten. Wer indes schon einmal eine der mittlerweile millionenfach versandten Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch Teilnahme an Tauschbörsen erhalten hat, weiß, dass jedenfalls das Internet alles andere als „rechtsfrei“ ist. Und hat eine Vorstellung, wem die Vorratsdatenspeicherung besonders nutzt. Die „rechtsfreien Räume“ jedenfalls müssen woanders liegen.“

Die komplette Rede findet ihr hier .
*** UPDATE ***
Die Rede von Jan Leutert findet ihr hier

Nach dem Goetheplatz haben wir uns schon zur Abschlusskundgebung zum Paulsplatz aufgemacht. Irgendwelche besonderen Vorkommnisse mit der Polizei: bisher Fehlanzeige.

Auf dem Paulsplatz hielt der Internetaktivist Stephan Urbach eine Rede zur Terror- und Polizeigesetzgebung:

„Man erklärt uns, dass Weihnachtsmärkte, Fußball-Spiele, Sportveranstaltungen und Volksfeste potentielle Ziele seien. Es liegen jedes mal irgendwelche Fakten vor, dass demnächst etwas passieren werde. Bis heute warte ich auf die Zahlen, denn passiert ist bisher nur, dass wir unsere Freiheit wieder ein Stückchen verlieren. Dank dieser abstrakten Terrorgefahr werden wir vorratsgespeichert und vollerfasst.“

Die Rede von Stephan Urbach findet ihr hier.
Die Abschlußrede hat der Generalsekretär der Piratenpartei Deutschland, Wilm Schumacher, gehalten. Der verspätete sich aber und verlief sich obendrein noch in diesem verdammten Frankfurt, so dass wir ihn erstmal einsammeln mussten. Zur Überbrückung haben Gregory Engels und Knut Bänsch uns spontane Reden gehalten und wir haben uns einen Tanz genehmigt, siehe Video unten.
– Erkenntnis: wenn nicht geredet wird, glaubt die Polizei eine Demo für beendet erklären zu können. Wir haben ihnen klar gemacht, dass die Art und Weise wie wir unsere Demonstration friedlich feiern nicht ihrem Gutdünken unterliegt. Wenn wir unseren Protest tanzen wollen, dann tun wir das. –
Die Rede von Wilm ist leider aktuell noch nicht online verfügbar. Ich werde die Reden von Jan Leutert und Wilm Schumacher nachreichen.
*** UPDATE ***
Der Redebeitrag von Wilm Schumacher als PDF: Rede_Wilm_Schumacher (44,8 KB)


Resümierend zur Demo möchte ich noch folgendes loswerden:

Die Demo hat uns allen Spaß gemacht und ich kann mir vorstellen, dass es nicht die letzte Demo war, die wir in dieser Art durchgeführt haben. Wobei ich auch leider glaube, angesichts der Äusserungen der Innenminister, dass es noch sehr viel Bedarf an Demonstrationen zu den Themen Vorratsdatenspeicherung und Terrorgesetze geben wird. Die Demo Freiheit statt Angst soll auch dieses Jahr wieder in Berlin stattfinden, wie und ob erfahrt ihr auf der Webseite: http://blog.freiheitstattangst.de/
Kritische Worte finden einige Teilnehmer der Demonstration ob der deutlichen Präsenz der Anhänger der Piratenpartei. Dazu möchte ich erwähnen, dass wir als Demoveranstalter versucht haben mit der Grünen Jugend Hessen, als auch mit den Linken Frankfurt Kontakt aufzunehmen. In beiden Fällen habe ich bis heute keine Antwort auf unsere Anfragen erhalten, obwohl wir via Mail, Web und telefonisch versucht haben, die Leute zu erreichen. Das nur so wenig Zeit zur Mobilisierung da war, liegt auch daran das die Innenministerkonferenzorte immer erst in der letzten Minute veröffentlicht werden. Wir hatten nur 2 Wochen Zeit zur Mobilisierung und da sind wir insbesondere mit dem Medienecho doch sehr zufrieden. Die Unkosten der Demo beliefen sich auf ca. 1000 Euro und wurden komplett von der Piratenpartei übernommen. Eine Privatperson aus Niedersachsen hat 50 Euro gespendet. Danke Danke Danke.

Euer @insideX

Presse
Frankfurter Rundschau:
http://www.fr-online.de/frankfurt/der-roemer–eine-trutzburg/-/1472798/8585020/-/index.html

Frankfurter Allgemeine Zeitung:
http://www.faz.net/artikel/C30214/frankfurt-protest-abseits-der-ministerkonferenz-30445960.html

Frankfurter Neue Presse:
http://www.fnp.de/fnp/region/hessen/friedlicher-piratenprotest_rmn01.c.9002985.de.html

Journal Frankfurt:
http://www.journal-frankfurt.de/?src=journal_news_einzel&rubrik=10&id=13422

Bilder
Bilder vom Musikpirat:
http://blog.christian-hufgard.de/gallery2/main.php?g2_itemId=2532&g2_page=2

Video
HR-Hessenschau vom 21.6.2011

RTL-Nachjournal vom 21.6.2011

Video vom Musikpirat nach der Demo:

Ein Gedanke zu „Demobericht „außen hui, innen pfui“

Hinterlasse einen Kommentar